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Sehr verehrter Präsident Iohannis, lieber Klaus,
liebe Frau Iohannis, liebe Carmen,
lieber Herr Wagner,
lieber Herr Stadtrat Heidenreich,
Herr Staatsminister,
Herr Fabritius,
meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich vertrete niemanden, im Gegensatz zu meinen Vorrednern, außer mich selbst.
Die Stiftung hatte mit der Benennung ihres Preisträgers eine glückliche Hand. Es ist so, als ob dieser Menschenrechtspreis für Klaus Iohannis erfunden worden wäre.
Sein Lebensweg, sein Einsatz, seine Leistungen ließen vermuten, dass dieses Schicksal ihn eines Tages einnehmen würde, und das ist gut so. Klaus Iohannis behauptet von sich selbst, er wäre ein ethnischer Deutscher und ein rumänischer Staatsbürger. Defacto, dejure, ist er ein Siebenbürger Sachse.
Wenn die Geschichte in all ihren Entfaltungen, Zerlegungen, Entstehungselementen, integral respektiert würde, was sie nicht wird, müsste man ihn eigentlich als einen Luxemburger Siebenbürger bezeichnen. Entgegen der in Deutschland von allen immer wieder willkommen geheißenen Legenden, wurde Siebenbürgen nicht, um es freundlich zu sagen, nur von Sachsen, besiedelt. Es waren waschechte Luxemburger und alle anderen, die entlang der Mosel sich als Sachsen beschimpfen lassen mussten, die Siebenbürger im 12. Jahrhundert besiedelt haben. Und die Sprache der Siebenbürger und die Sprache der Luxemburger sind sich sehr ähnlich.
Der Staatspräsident und ich begrüßen uns auf Luxemburgisch, weil wir dieser Weltsprache mächtig sind. Und Sie alle Hessen und andere Deutsche, müssten eigentlich auch Luxemburgisch können, wenn den Gesetzen der Geografie Genüge getan würde, denn Luxemburg liegt zwischen Deutschland und Frankreich. Ergo wäre es denkbar gewesen, dass Deutsche und Franzosen sich um die luxemburgische Zwischensprache bemüht hätten. Die aber weigern sich standhaft, das zu tun und deshalb müssen wir Luxemburger ab dem Alter von vier Jahren Deutsch und Französisch lernen, was erklärt, wieso ich in Deutschland oft Reden halte. Erstaunlicherweise werde ich immer wieder dazu eingeladen, obwohl ich keinen Hang zur deutschen Larmoyanz habe.
Ich bin gerne hier nach Frankfurt gekommen. Und auch die Paulskirche ist ein besonderer Ort, nicht nur für die Deutschen, sondern auch für die europäische Demokratie.
Wir sind hier nahe am Geburtshaus der Herrscher von Nassau. Alle Luxemburger sind Nassauer, wie man weiß. Aus den Nassauer Herzögen ist auch ewas geworden, denn sie sind Großherzöge in Luxemburg geworden. Insofern fühlen wir uns hier in Hessen immer wohl.
Aber Klaus Iohannis ist kein Hesse, sondern wie beschrieben, ein luxemburgischer Siebenbürger. Dass die Siebenbürger das auch voll umfänglich begriffen haben, wird aus der Tatsache ersichtlich, dass sie ihn viermal von 2000 bis 2014 zum Bürgermeister der schönen siebenbürgischen Stadt Sibiu-Hermannstadt gewählt haben. Und, dass er nach getaner Arbeit 2014 dieses Amt aufgegeben hat, um rumänischer Staatspräsident zu werden.
Also jemand, der Rumänen intern die deutschsprachige Minderheit vertritt, ohne andere aus den Augen zu verlieren, wird rumänischer Staatspräsident, obwohl die deutschsprachige Gemeinschaft in Siebenbürgen nur 1,5 - 1,6 Prozent der Bevölkerung nur ausmacht. Das zeigt, dass Klaus immer zu mutigen Taten bereit war und als chancenloser Kandidat in das Präsidentschaftsrennen in Rumänien antrat.
1959 wurde er geboren, ist Doktor der Physik, war Pädagoge und Gymnasiallehrer und sonstiges im pädagogischen Bereich. Lehrer war er, Oberlehrer ist er nie gewesen, weil es ihm nicht liegt, anderen mitzuteilen, was sie zu denken hätten. Sondern er kann anderen zuhören‚ auch mir als Kommissionspräsidenten, wenn auch nicht genug.
Ich kenne den Präsidenten seit Anfang der 2000 Jahre, als er Bürgermeister in Hermannstadt wurde und er hat an der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages Rumäniens zur Europäischen Union 2005 in Luxemburg teilgenommen. Der Vertrag wurde in Luxemburg unterschrieben. Das war für Luxemburg ein wichtiges Datum, für Rumänien und für alle Europäer auch, weil dieser Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union versinnbildlicht, notariell bekundet, dass europäische Geografie und europäische Geschichte wieder zusammengefunden hatten, sich wieder versöhnt haben und dieses schreckliche Jalta Dekret außer Kraft gesetzt hat, das wollte, dass Europa auf Dauer in zwei Teile zersplittert und gespalten würde. Dass wir es geschafft haben als Europäer, als EU-Europäer in einem friedlichen Prozess, frühere Warschauer Pakt-Mitgliedsstaaten in dieser europäischen Friedensphäre willkommen zu heißen - nicht gezwungen, sie wollten das - zeigt, dass dem Europagedanken eine Kraft innewohnt, die Kraft des Friedens. Und es gibt keine stärkere Kraft als die Kraft des Friedens.
Klaus Iohannis hat sich dem Schutz der Minderheiten verschrieben. Seit Anfang seiner Amtszeit.
Nicht nur Minderheitenschutz in Rumänien, nein Minderheitenschutz überall. Er hat einmal gesagt, ich zitieren dich annähernd: „eine Demokratie ist erst dann eine Demokratie, wenn die Mehrheit die Minderheit respektiert“ und das tun wir in Europa.
Das zeigt auch sein Einsatz für Moldawien. Moldawien ist ein sehr kleines Land und es würde eigentlich niemand von Moldawien noch reden, wenn es Rumänien und dich nicht gäbe. Dafür vielen Dank. Wer keine Freunde hat, hat dich als Freund und das reicht auch aus, denn du bist ein großer Freund, wenn du zum Freund wirst.
Logischerweise hat Klaus Iohannis die Krimbesetzung durch Russland und den Bruch des internationalen Völkerrechtsystem der Ostukraine in scharfen Worten kritisiert und uns faulgewordene Westeuropäer immer wieder darauf hingewiesen, dass von dort aus Gefahr droht. Im Westen haben wir nicht richtig zugehört. Wir bräuchten im Westen große Ohren, um alles zu hören und zu verstehen, was im mittel- und osteuropäischen Raum erzählt wird. Und manchmal kommt es mir so vor, als müsse man sich als Westeuropäer, als satter Westeuropäer entschuldigen, dass man über alle Warnungen und über alle Hinweise hinweg mit Russland so weiter gemacht hat, als ob aus Russland keine Gefahr drohte. Nicht die Russen drohen uns, das Putin-Regime droht uns. Ich bitte sehr darum Russen und die Machthaber in Moskau nicht miteinander zu verwechseln. Aber wir haben nicht zugehört, als wir gewarnt wurden und das war ein Fehler.
Du hast dich auch stets gegen Korruption verwandt. Wie ich aus vielen Gesprächen weiss, ein schwieriges Unterfangen, auch in Teilen der rumänischen Gesellschaft. Dein Einsatz gegen Korruption verläuft parallel zu deinem Einsatz für den Rechtsstaat. Das ist nicht nur ein Problem sonstwo. Die Angriffe auf den Rechtsstaat sind inzwischen zu einen Phänomen geworden, das man auch in der europäischen Union beobachten kann, auch was den Minderheitenschutz anbelangt.
Ich bin dir sehr dankbar für diesen Einsatz, für diese Stimme, für diese unüberhörbare Stimme in Sachen Rechtsstaat. Der Rechtsstaat schützt die Schwachen. Der Rechtsstaat in Europa schützt auch die kleineren Mitgliedsstaaten gegen denkbare Übergriffe größerer Einheiten. Deshalb ist der Einsatz für den Rechtsstaat und der Einsatz gegen Korruption ein Paar, das zusammenpasst.
Ich mag Dinge, sagte der französischen Philosoph Blaise Pascal, die zusammengehen und der Kampf gegen Korruption und der Einsatz für den Rechtsstaat sind Dinge, die zusammengehen und vielen Dank auch dafür.
Du bist in Europa ein Brückenbauer in einem sehr schwierigen Umfeld und deshalb hast du den Karlspreis gekriegt. Ich habe den einfach so gekriegt, aber du hast den aus gutem Grund gekriegt, weil du dort anfasst, wo es nicht genug zum Brückenbau fähige Hände gibt. Schwieriges Umfeld, Ukraine, ich habe das erwähnt, Balkan, eine hochkomplizierte, ja dramatische Region Europas.
Und auch dort in der Ukraine und auf dem Balkan haben wir stumm und verständnislos, aber auch nicht sehr interessiert, obwohl wir es hätten sein müssen, massivsten Vertreibungen zugeschaut. Und ich dachte mir, wenn wir etwas lernen müssen dann ist es das, die Brückenbauer Mut brauchen, weil viele Brücken, die sie errichten, die stürzen wieder ein und deshalb braucht es Mut zum tagtäglichen Neuanfang, damit die Welt besser wird.
Vertreibung darf nicht einfach zu Politik mit anderen Mitteln werden. Vertreibung bleibt Kriegsverbrechen, bleibt schweres Unrecht und wer sich dagegen wehrt, und wer daran erinnert, auch in Deutschland, der verläuft sich nicht in Deutschtümelei, der ist kein Revisionist und kein Revanchist, nein, wer an die Vertreibungen erinnert ist jemand, der den Schutz der Menschenrechte ernst nimmt und den Schutz der Minderheiten zu seiner Sache macht.
Europa ist ein Friedensprojekt. Ein gewaltiges kontinentales Friedenswerk. Und wir schulden uns aber nicht selbst Dank. Wir schulden Dank denen, die 1945 aus den Konzentrationslagern von den Frontabschnitten in ihre zerstörten Städte und Dörfer zurückkehrten oder aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Und die aus ihren ewigen Nachkriegsgebieten „nie wieder Krieg“ ein politisches Programm entwarfen, das bis heute seine Wirkung zeigt.
So ehren wir also heute einen großen Europäer, nicht einen Teilzeiteuropäer, sondern einen Vollzeiteuropäer. Die Rubrik der Teilzeiteuropäer ist dicht besiedelt. Ich würde nicht müde werden alle die aufzuzählen, die das niedriger hängende Obst am Brüsseler Baum pflücken und auch noch denken, sie hätten den Baum gepflanzt. Selten sind die, bis in die Baumkrone vorgestoßen. Klaus Iohannis hat sich immer nach oben in Richtung Baumkrone bewegt, um vom Hochsitz historischer Beobachtung den Europäern Mut zu machen.
Du bist ein aufrechter Demokrat, ein stolzer Rumäne und ein exzellenter luxemburgischer Siebenbürger.