Peter Feldmann

Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main

Rede des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main Peter Feldmann anlässlich der Preisverleihung des Franz-Werfel-Menschenrechtspreis am 04.07.2021

Ich begrüße sehr herzlich zur Verleihung des Franz Werfel Menschenrechtspreises 2021 der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen
den Vorsitzenden der Stiftung Herrn Dr. Christean Wagner

Mein besonderer Gruß gilt dem diesjährigen Preisträger
Herrn Bundespräsidenten Dr. h.c. Joachim Gauck

Insbesondere begrüße ich den Laudator Dr. Bernd Fabritius, MdB
Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten

Ebenso heiße ich den Ministerpräsidenten des Landes Hessen
Herrn Volker Bouffier
herzlich willkommen und den

Innenminister Peter Beuth
Ich begrüße die Mitglieder des Hessischen Consularischen Corps Frankfurt am Main

Für das Europaparlament
Frau Vizepräsidentin Nicola Beer

sowie alle anwesenden Abgeordneten des Deutschen Bundestages und Abgeordneten des Hessischen Landtags

Für den Magistrat der Stadt Frankfurt
Herr Stadtrat Jan Schneider
Frau Stadträtin Dr. Renate Sterzel

Für alle anwesenden Stadtverordneten
Frau Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner-Gölbașı

Es ist mir eine große Freude, den ehemaligen Preisträger Prof. Dr. Karl Schlögel unter den Gästen begrüßen zu dürfen

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Schaffung eines Zentrums gegen Vertreibung hat zu Diskussionen geführt. Sie, sehr geehrter Gauck, haben dazu in Ihrer Rede unter dem Titel „Welche Erinnerungen braucht Europa“ –Gedanken geäußert, die ich zitieren will:

„Inzwischen aber haben die Vertriebenen, hat die Nation eine menschliche und kulturelle Leistung erbracht, hat den Verzicht erlernt. Sicher war das mühsam, aber denken wir an die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, damals war es den Deutschen anscheinend nicht möglich, zu lernen.“

Und weiter:
„Klage bedeutet ja nicht Anklage, Trauer intendiert nicht Revanche. Wer seiner Trauer Raum gibt, vermag eher die Trauer und die Verluste anderer anzunehmen.“

Sie waren der Bundespräsident der Herzen. Der Wunschpräsident vieler Menschen in unserem Land.
Heute sind Sie ein würdiger Preisträger!

Mit der Stiftung des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises setzt das Zentrum gegen Vertreibung einen Auftrag seiner Satzung um.

Mit dem Franz-Werfel-Preis wird auf die Vertreibung vieler Bevölkerungsgruppen aufmerksam gemacht.

So schafft er Raum, um das Schicksal Vertriebener zu betrauern. Um zu zeigen, dass Flucht und Vertreibung auch heute noch das Leben von Millionen Menschen traumatisiert, sie heimatlos macht. Auch Deutsche, die nicht dem Vernichtungswahn der Nazis zum Opfer fielen, waren von harten Schicksalen betroffen. Dies auszusprechen, dem individuellen Leid Raum zu geben, relativiert nichts an der Monstrosität der deutschen Verbrechen an Juden, Sinti, Roma, Kommunisten, Homosexueller und vieler anderer Betroffener der Nazi Barbarei. Darf und soll es auch nicht!

Ohne Erinnerung – an die Ursachen des Leids wie an das individuelle Schicksal der Betroffenen – können wir nicht frei sein.

So gedenken wir auch der 27 Millionen Menschen, die auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion und dem deutschen Angriffskrieg zum Opfer fielen. Eine rational nicht zu erfassende Zahl. Wir erinnern uns, um uns bewusst zu machen, dass derzeit 82 Millionen Menschen – das ist ungefähr die Einwohnerzahl unserer Bundesrepublik – weltweit auf der Flucht sind. Erinnern uns, damit nie wieder in Europa Menschen durch Krieg, Völkermord, durch Diktaturen zur Flucht zu gezwungen werden. Menschen Regimen ausgesetzt werden, die Ideologien über den Wert des einzelnen Menschen stellen.

Wir haben unsere Lehre aus unserer Geschichte in einem einfachen Satz an den Beginn unserer Verfassung gestellt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Nehmen wir diese Lehre ernst. Leben wir sie.

Herzlichen Dank!

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