Franz-Werfel-Menschenrechtspreis 2009

Grußwort der Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt Petra Roth

Anrede,

seit Albert Schweitzer ist wohl kein Nobelpreisträger stärker im geistigen Leben unserer Stadt verankert als Herta Müller.

Stadtschreiberin von Bergen, Lesungen und Vorträge in Literaturhaus oder Römerhallen, ständiger Gast auf der Buchmesse, Mitglied in der Goethepreisjury, in der sie den wunderbaren Vorschlag für Pina Bausch gemacht hat, und immer wieder im Kaisersaal oder hier in der Paulskirche. Die Frankfurter kennen Herta Müller, und sie schätzen sie.

Und doch ist der heutige Anlass vielleicht der markanteste, mit einer besonderen Nähe zu ihrem Werk. Denn Herta Müller und ein Preis in Namen Franz Werfels - das ist natürlich eine ganz besondere Beziehung. Und ich kann der diesjährigen Jury nur gratulieren. Sie hat – in Unkenntnis der Tatsache, dass noch ein weiterer sehr renommierter Preis auf Herta Müller zukommen würde – die beste Wahl getroffen, die man sich für die Ehrung vorstellen kann.

Eine Zitat : „beispielgebende künstlerische Leistung, die sich gegen die Verletzung von Menschenrechten durch Völkermord oder Vertreibung einsetzt“ –wie der Preis definiert ist, damit ist das jüngste Werk von Herta Müller punktgenau beschrieben.

Ausgrenzung, Verfolgung und Flucht ist das millionenfache Schicksal unseres ganzen Jahrhunderts – es findet jetzt, in diesem Augenblick, statt. Über die Medien werden wir fast täglich zu Augenzeugen dieser Dramen und stehen doch meist ratlos davor.

Nur selten gelang es indes, diesen Menschheitsdramen, vor denen die Sprache allzu oft versagt, einen angemessenen Ausdruck zu verleihen: sei es philosophisch, politisch oder journalistisch-dokumentarisch ihre Wesen zu erfassen, sie an den Menschen, Tätern wie Opfern, sichtbar und nachvollziehbar zu machen.

Deshalb bedarf es wohl der Kraft des literarischen Wortes von Dichtern wie Franz Werfel oder Herta Müller, einer ganz besondern Sprache, der nur wenige mächtig sind, um dem, was da geschehen ist, einen Ausdruck zu geben, der wirkungsvoller und intensiver ist als jede dokumentarische Darstellung. In der Atemschaukel“ ist dies ebenso exemplarisch gelungen wie in “Die 40 Tage des Musa Dagh“.

Die heutige Preisverleihung betrachte ich somit auch als eine Hommage an die poetische Kraft der deutschen Sprache und eine Ermutigung Hommage für alle Menschen, die sich die Themen Flucht und Vertreibung zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben.

Es braucht Autoren wie Franz Werfel und wie Herta Müller, um dem kaum Fassbaren eine Sprache zu geben.

Frankfurt ist eine Stadt. in der schon immer viele Menschen, die fliehen mussten, aus religiösen oder politischen vertrieben wurden vorübergehend oder dauerhaft ein neue Heimat gegeben hat.

Es braucht Menschen wie Herta Müller, die uns mit ihrer Ausdruckskraft auch an diese Verpflichtung immer wieder neu erinnern.

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